Ich denke, es ist genug Zeit vergangen, um ein erstes Resümee zu ziehen. Seit dem 5. November '23 habe ich meinen Pi 5 jetzt ausschließlich als Desktop/Daily Driver genutzt und möchte meine Eindrücke teilen.
Von Anfang
Irgendwie lief der Verkaufsstart ja nicht so ganz rund. Die Stückzahlen waren so limitiert, dass man sich auf BerryBase bei einer Lotterie anmelden musste, um den Pi 5 vorbestellen zu können. Der 5er mit 8 GB RAM war gar nicht lieferbar, sodass man sich nur für die 4 GB Version "bewerben" konnte. Ich war einer der Glücklichen, die gezogen wurden.
Da ich im Vorhinein dachte, dass die Geschichte etwas einfach ablaufen würde, habe ich mir schon ein paar Wochen früher das passende Stromkabel, den offiziellen Aktivkühler und ein Gehäuse gekauft. Die waren schon vorrätig.
Seitdem kam ich schon etwas ins Schwitzen, weil der Pi 5 Verkaufsstart in Europa verzögert wurde. Hinzu kam, dass ich im Discord eines Entwicklers, mit dem ich zusammenarbeite, lesen durfte, wie sich das Team bedankte, dass die Foundation es möglich gemacht hat, dass sie einen 5er bekommen haben. Ich saß aber immer noch ohne da...
Wenn man Software entwickelt, ist es gelinde gesagt uncool, wenn auf GitHub Issues reinkommen. Vor meinem geistigen Auge habe ich schon gesehen, dass die Issue-Section aus allen Nähten platzt, weil meine Software nicht auf den neuen Pi angepasst ist. Ok, rückblickend habe ich mir echt zu viel Druck gemacht, weil: "Wenn ich schlecht an einen Pi 5 komme, haben andere genau das gleiche Problem". Letztendlich ist alles gut gegangen.
Hardware & Zubehör + Preise (Zur Zeit des Kaufs)
Bauteil | Preis |
Raspberry Pi 5 Rev. 1.0 | 4 GB RAM | 69,00 € |
Activ Cooler | 5,50 € |
Netztteil | 12,20 € |
Gehäuse | 10,70 € |
Pimoroni NVME-Base | 16,00 € |
Lexar NM620 256 GB SSD, PCIe 3.0 x4, NVMe 1.4, M.2 2280 | 33,10 € |
UGREEN Externe USB Soundkarte Klinke USB Adapter | 8,41 € |
Gesamt (Verandkosten nicht einbezogen ) | 154,91 € |
Seit es dem Pi 4 möglich ist, SSDs über USB zu nutzen, bin ich vollkommen ab von microSD-Karten. Ich habe allerdings noch welche, um darauf angepasste ISOs zu sichern. Der Pi 5 kann jetzt M.2s über PCI einlesen, und das ist eine tolle Sache. Auf YouTube gibt es so manche Speed-Tests, und die Ergebnisse kann ich so unterschreiben. Mein letzter Test lag über 700 MB/s. Eine SSD ist meiner Meinung nach unerlässlich, wenn man ein ordentliches Desktop-Feeling auf dem Pi haben will.
Ist es das wert?
Natürlich lässt sich darüber streiten, ob es sinnvoll ist, diese Summe für ein kleines Gerät auszugeben. Für mich ist der Raspberry Pi ein Hobby, eigentlich sogar mehr, da ich für ihn programmiere und mittlerweile einige meiner Software nutze. Man darf nicht vergessen, dass der Spaß im Vordergrund steht. Wie Spaß aussieht und was er kostet, muss jeder selbst wissen. Bei mir kommt noch hinzu, dass wir im Jahr 2022 eine sehr hohe Stromrechnung hatten und ich mir selbst auferlegt habe, nicht mehr am PC zu zocken. Ob das den Kohl fett gemacht hat, sei dahingestellt. Der Pi 4 konnte schon so einiges, aber war für den Einsatz als Daily Driver noch zu unperformant. Webseiten ließen sich gut laden, aber mit einer kleinen Wartezeit. YouTube war doch etwas hakelig. Da stellt sich die Frage: ...
Wie schaut's jetzt aus ?
Im Linux-Desktop-Bereich steht und fällt alles mit der richtigen Distribution. Raspberry Pi OS konnte bis zum Pi 4 mit einer extrem guten Anpassung punkten. Es war schlank und hat kaum Ressourcen verbraucht. Das war es aber schon. Der Pixel-Desktop (lxde-pi) war so ausgedünnt, dass ich persönlich nicht gerne damit gearbeitet habe. Ubuntu hat den Einstieg zum Pi5 mit der Version 23.10 gemacht. Hier und da gab es kleine Hakeleien, aber die Performance wurde vor allem mit jedem Kernel-Update besser. Für mich als Gnome-Nutzer ist das natürlich ein Segen. Und nein, wenn man Gnome auf ein Raspberry Pi OS Lite installiert, kommt nicht das Gleiche dabei heraus. "ubuntu-gnome" zusammen mit den Spezial-Kernels ist getuned, und das merkt man, wenn man sich beide Varianten nebeneinander anschaut. Hier sieht man auch, dass Mark Shuttleworth es ernst gemeint hat in einem Interview mit Destination Linux, dass Ubuntu sich auch auf Raspberry Pi und IoT fokussieren wird.
Im Alltag
Was mache ich so mit meinem Pi 5?... Also außer Zocken... Das geht auch, aber ist mir zu viel Gebastel.
- Wartung von Geräten per SSH: Bestanden
- Berufliches Arbeiten im Browser: Bestanden
- E-Mail-Korrespondenz mit Thunderbird: Bestanden
- Textverarbeitung mit LibreOffice: Bestanden
- WhatsApp mit Flatpak-App: Bestanden
- RSS-Feeds: Egal welches Programm, wenn zu viele Nachrichten geladen werden müssen, geht der Pi in die Knie und die Oberfläche friert ca. 1 Minute ein.
- YouTube/Freetube: 1080p ist kein Problem
- Streaming: Leider musste ich hier basteln und mir libwidevine.so von PiOS rüberkopieren und in Brave integrieren. Ubuntu_arm64 unterstützt von Haus aus kein DRM. Prime und Disney+ laufen anstandslos. Netflix verweigert das Abspielen. Spotify funktioniert sehr gut. Einziges Problem ist, dass ich es als Web-App mit Brave nutzen muss, da nur hier DRM funktioniert.
- Programmieren: Läuft einwandfrei. Wenn man in VSCode/VSCodium "black" zum Formatieren von Python-Skripten nach "PEP8" nutzt, stürzt VSCode unter der Last ab. Nutzt man black im Terminal ist das nicht so.
- Anbindung an die Nextcloud: Hier läuft alles, wie es soll.
- Gimp: Maus zieht nach und ist sehr schwammig
Und was verbraucht das Teil?
NIX!
Anwendung | Watt |
Booten | bis ca. 10 Watt |
Leerlauf | ca. 5 Watt |
Programm-Starts | bis ca. 8,5 Watt |
Surfen | 5 bis 5,2 Watt |
Streaming & Youtube 720p/1080p | ca. 6 bis 9,1 Watt |
Und die Nachteile?
Klar, der Pi 5 kann nicht die Leistung eines Desktop-PCs neueren Datums bringen. Für Gimp und Videobearbeitung gehe ich immer noch sporadisch an den PC; Zocken kann man sich zurechtbasteln mit Box86/64. Das ist aber nur Spielerei, die eher dazu dient, die aarch64-Architektur generell massentauglicher zu machen. Es gibt zwar schon viele Programme für arm64, aber noch nicht alle. Discord ist so ein Beispiel. Einen offiziellen Client gibt es noch nicht, aber in der Szene gibt es begabte Leute, die auch so etwas gangbar machen.
Fazit
Man muss Bock darauf haben, und natürlich müssen die Anwendungsfelder passen. Kommt das alles zusammen, ist der Pi 5 ein guter Alltagsbegleiter mit EINSCHRÄNKUNGEN.
Ich für meinen Teil habe neulich verzweifelt VirtualBox im Menü gesucht, bis ich auf einmal gemerkt habe, dass ich ja gar nicht an meinem PC sitze, sondern am Pi. Das sagt, glaube ich, ganz gut aus, wie sich der Raspberry Pi 5 in meinen Alltag integriert hat. Was ihr mit den Infos macht, ist wie immer euch überlassen.
Bonus
Ein Spiel das echt gut läuft ist Sauerbraten. Das müsst Ihr aber kompilieren
Abhängigkeiten
Offizieller Download
Anleitung
- Das Archiv entpacken
- cd /PATH/TO/sauerbraten/src
- make
- make install
- /PATH/TO/sauerbraten/sauerbraten_unix ausführen
- Ballern
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