Zweiter Akt
Im ersten Teil haben wir das absolute Minimum installiert, um zu einem Desktop zu kommen. Wie schon beschrieben, geht es mit tasksel wesentlich einfacher. Außerdem installiert es neben xfce auch nützliche Tools wie cups oder LibreOffice.
Terminal: sudo tasksel, ggf. sudo apt install tasksel, mit LEERTASTE xfce auswählen und dann <Ok>.
Hätte ich das nicht vorher sagen können? Ja… aber wo ist denn da der Lernfaktor? Wichtig bei Linux ist, erst komplett LESEN, dann machen.
Rein theoretisch hätten wir auch die Desktop-Version von PiOS nehmen und xfce neben PIXEL installieren können. Allerdings hätte man dann einen Frankenstein geschaffen und müsste mühsam herausfinden, welche Komponente zu welcher gehört und sie entfernen. Dann hätte man z.B. zwei Bluetooth-Manager in der Leiste und zwei Netzwerk-Manager. Für Anfänger wäre das viel zu kompliziert.
Ich hatte tatsächlich vergessen, dass ich mal ein GitHub dazu gemacht habe.
Nun…
Wir sind in Xfce. Euch sollte aufgefallen sein, dass wir beim Login immer noch erst den Namen eingeben müssen. Das macht heutzutage keine Distro mehr, deswegen ändern wir es:
Links oben in Anwendungen gehen zu Einstellungen > Einstellungen > Anmeldefenster.
Im Reiter Benutzer "unchecken" wir Benutzerliste verbergen.
Ihr könnt euch ausloggen und gucken, ob es geklappt hat.
Software-Center?
Wir wollen den Pi ja nutzbar machen, dafür brauchen wir Software. Ich bin ein Terminal-Mensch, aber andere mögen es lieber grafisch.
Synaptic
Das ist ein sehr mächtiger Software-Manager mit vielen Optionen, von denen man in der Regel nur "zur Installation vormerken", "zum vollständigen Entfernen vormerken" und "Anwenden" braucht.
Vorteil: Viele Optionen. Nachteil: Für Anfänger total unübersichtlich.
sudo apt install synaptic
Add/Remove Software
sudo apt install rp-prefapps
Sehr spartanisch.
Wer will, kann natürlich auch Gnome-Software installieren. Ja, doch, ich würde gnome-software nehmen!
Flatpak
sudo apt install flatpak
flatpak remote-add --if-not-exists flathub https://dl.flathub.org/repo/flathub.flatpakrepo
Sollte Ihr gnome-software installiert haben könnte mit sudo apt install gnome-software-plugin-flatpak flatpak integrieren.
Pi-Apps
In der Szene wird oft kein Stein auf dem anderen gelassen. Was nicht passt, wird passend gemacht. Und auf die Frage "Warum?" ist die Antwort: "Weil!"
Damit das Desktop-Erlebnis auf dem Pi besser wird, hat der Entwickler Botspot Pi-Apps programmiert. Hier findet man ausgewählte Software, die perfekt vom Team und dem Dunstkreis angepasst wird.
Installieren könnt ihr Pi-Apps mit:
wget -qO- https://raw.githubusercontent.com/Botspot/pi-apps/master/install | bash
Botspot hat einen netten, zuverlässigen Discord, der sehr guten Support anbietet.
Multimedia
Die arm64-Basis ist softwaretechnisch gut aufgestellt. Wir finden in den Repos eigentlich alles, was wir brauchen: Media-Player, Codecs, Browser. Was die Grafik-Performance angeht, muss man aber Abstriche machen. gimp ist sehr langsam und ruckelig, genauso OBS und kdenlive. Da hilft es auch leider nicht viel, den ARM und die GPU zu übertakten. Später mehr!
Die gute Nachricht! YouTube geht, ruckelt aber im Vollbild, und 1080p ist "Tagesform-abhängig". Prime, Netflix und Disney+ sind kein Problem.
Wenn Ihr DRM-verschlüsselte Videos gucken wollt, dann müsst ihr Chromium wie deinstallieren. Denn chromium-browser:aarch64 kann das nicht.
Lösung:
sudo apt install chromium-browser:armhf libwidevinecdm0
Man kann die armhf (32bit) installieren, libwidevinecdm0 macht Streamingdienste gefügig.
Um sicherzugehen, dass ich nichts Falsches erzähle, mache ich jeden Schritt parallel mit. Was soll ich sagen? Widevine geht nicht mehr. Noch vor Wochen habe ich Prime und Netflix geguckt. Wenn man in chrome://components versucht, WidevineCdm upzudaten, kommt eine Fehlermeldung. Alte Pakete? Es wird langsam Mal Zeit für zu PiOS - Bookworm. Also erstmal nur Youtube
Wer übrigens auf Chromium-Basis nicht steht, kann firefox-esr installieren. Über tasksel wird der gleich mitgeliefert.
Euch Brave-Fans will ich auch nicht alleine lassen! Auf der Homepage steht ja nur amd64 support. Das stimmt aber gar nicht
Der reguläre Installationsweg ist:
sudo apt install curl -y
sudo curl -fsSLo /usr/share/keyrings/brave-browser-archive-keyring.gpg https://brave-browser-apt-release.s3.brave.com/brave-browser-archive-keyring.gpg
echo "deb [signed-by=/usr/share/keyrings/brave-browser-archive-keyring.gpg arch=amd64] https://brave-browser-apt-release.s3.brave.com/ stable main"|sudo tee /etc/apt/sources.list.d/brave-browser-release.list
sudo apt update
sudo apt install brave-browser -y
Versucht ihr das, bekommt ihr eine Fehlermeldung. Mit einem kleinen Kniff bekommen wir das aber doch hin! Um den passenden keyring einzubinden, ergänzen wir den Parameter arch=arm64.
#!/bin/bash
sudo apt install curl -y
sudo curl -fsSLo /usr/share/keyrings/brave-browser-archive-keyring.gpg https://brave-browser-apt-release.s3.brave.com/brave-browser-archive-keyring.gpg
echo "deb [signed-by=/usr/share/keyrings/brave-browser-archive-keyring.gpg arch=arm64] https://brave-browser-apt-release.s3.brave.com/ stable main"|sudo tee /etc/apt/sources.list.d/brave-browser-release.list
sudo apt update
sudo apt install brave-browser -y
Tuning
Zram ist eine gute Möglichkeit, um den RAM zu entlasten. Das ist gut für die Performance.
sudo apt install zram-tools
Übertakten:
Man kann den 4B übertakten. Es wird aber immer gewarnt, dass man das Gerät beschädigen kann. Und das mache ich jetzt auch. Bis zum Ende dieses Abschnitts alles auf eigene Gefahr. Ich empfehle dringend einen Kühler/Lüfter, mein Liebling ist der IceTowerCooler von 52Pi. Egal was: 45°C. Mit sudo mousepad /boot/config.txt gelangen wir grafisch in die Boot-Parameter-Abteilung.
Am Ende fügen wir ein:
Das gibt dem Ganzen einen gewissen Leistungsschub. Wollen wir mehr, müssen wir die Beschränkung aufheben und den ARM auf einer Taktung festnageln (force_turbo = 1). Momentan würde er zwischen 600 und 2000 hin und her springen.
Ich schreibe ja selber an einem kleinen Programm für den Pi und der Entwickler Botspot, hat mich auf Discord gefragt, warum ich nicht:
benutze. Er macht das so. Das ist natürlich Oberkante Unterlippe. Aber ich konnte nicht widerstehen. Es geht, aber bei allem nach 2147/900 ist der Leistungszugewinn nur marginal.
Um grafisch ein bisschen mehr herauszuholen, können wir noch den Parameter gpu_mem = 256 in eines der Beispiele einfügen. Wichtig! Auf YouTube habe ich schon Leute gesehen, die den Wert auf 512 oder 1024 setzen und das empfehlen. Sie ignorieren aber, dass in ihren Videos rechts oben die Meldung auftaucht, dass der Speicher auf 256 zurückgesetzt wurde. Mehr geht nämlich nicht.
Themes
Whisker-Menu
Ich werde nicht super detailliert auf Xfce eingehen. Da gibt es genug Videos und Tutorials. Eine Sache ist aber sehr wichtig: Das Whisker-Menu. Ihr kennt Xfce wahrscheinlich gar nicht anders, weil die meisten Distros von Werk ab Whisker schon als Standard haben. Wir müssen das aber nachträglich einbinden.
Dazu: Rechts-Klick auf Panel > Leiste > Leisteneinstellungen
Im Reiter Objekte auf + Hinzufügen > Whisker-Menü > + Hinzufügen
Rechts in der Leiste haben wir jetzt ein neues Symbol. Mit Rechtsklick > Verschieben können wir das Menü jetzt dahin ziehen, wo Anwendungen ist, und Anwendungen endlich löschen!
Ich mag den Stil von Linux Mint.
Das mint_theme.deb Paket ist aber ein amd64, also inkompatibel. Ich klau mir immer die Mint-Y-Themes aus /usr/share/themes . Ich hab da mal was vorbereitet
Auf dem Pi kopieren wir die Ordner auch genau wieder dorthin. Es gibt die Möglichkeit, in HOME einen .themes und .icons Ordner anzulegen. Was darin ist, funktioniert aber nicht immer systemweit. Den neuen Bibata-Cursor nehmen wir auch aus /usr/share/icons.
Papirus ist super, da kann mir erzählen, wer will!
Mit wget -qO- https://git.io/papirus-icon-theme-install | sh installieren wir die frischste Version.
Mit wget -qO- https://git.io/papirus-folders-install | sh installieren wir Papirus Folders .
Der Kniff: Ihr könnt die Farbe mit papirus-folders -C brown --theme Papirus-Dark anpassen.
Danach kann man in den Einstellungen Papirus auswählen.
Am ende sieht das mit Papirus-Dark-Yaru & Mint-Y-Dark-Aqua so aus:
Fazit:
Der Raspberry Pi / Pi 400 gehört seit 2020 zum festen Bestand meiner Männerhöhle. Ich habe so viel dazugelernt, gerade weil nicht alles über ein GUI machbar ist. Als Desktop kann ich sagen, dass von 2020 bis jetzt viel an PiOS geschraubt wurde und er immer besser mit den Herausforderungen des Desktops klarkommt. Der Pi war dafür aber nicht von Anfang an gedacht. Trotzdem ist es bemerkenswert, welche Entwicklungskurve er hingelegt hat. Alle warten auf den Pi 5, der wird nochmal eine Schippe drauflegen. Die Community treibt währenddessen die Verbesserung voran, und es gibt sogar box86/64, die armhf/arm64 in x86 und x64 übersetzen, sodass Wine möglich ist.
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