Stardenver meinte kürzlich, dass er sich mal über einen Erfahrungsbericht von Mac OS freuen würde. Ihm geht es nicht darum «ich verwende Mac weil ich Software XY brauche» sondern etwas das wirklich tiefer ins System Mac OS hinein geht – und diese Dinge auch mit Linux und oder Windows vergleicht.
So habe ich seinen Kommentar jedenfalls verstanden. Daher Let's Go:
Ein paar Worte vorab:
Das wird jetzt kein Erfahrungsbericht von jemanden der zum ersten mal einen Mac benutzt. Bereits während meiner Schulzeit (genauer die letzten 5 Jahre) hatten wir im Schulhaus ein paar Macintosh Computer. Damals noch mit MacOS 9 oder so (jedenfalls irgendwas vor Mac OS X und dem Unix Unterbau).
Meinen ersten eigenen Mac (damals noch iMac) habe ich mir 2008 oder 2009 gekauft – weiss es nicht mehr so genau.
Wichtig ist, dieser Beitrag wird ziemlich lange werden. Wer keine Lust auf das Lesen von langen Texten hat, ist hier definitiv falsch.
Ich werde hier immer wieder Vergleiche mit «Linux» machen. Wenn ich von Linux schreibe, meine ich damit der GNOME Desktop (ausser ich erwähne extra einen anderen Desktop). Alle die schon länger im Forum sind, wissen dass ich ein GNOME Kind bin und das seit vielen, vielen, vielen Jahren mein Linux-Desktop der Wahl ist.
Daher ist es hier der fairste Vergleich, wenn ich den Linux-Desktop mit MacOS vergleiche den ich am besten kenne.
Es wird hier kaum, bzw nur sehr wenig Windows Vergleiche geben. Ich bin und war nie gross in der Windows Welt zuhause – und kenne mich da wirklich zu wenig aus. Wenn ich heute an einem Windows Rechner arbeite, arbeite ich in der Regel mit dem WSL2 System darunter und nutze dann ja auch wieder Linux 🤷♂️
Und das wichtigste: Gerade am Anfang diesen Beitrages werde ich MacOS an vielen Ecken und Enden loben (keine Angst es kommt auch noch etwas Kritik). Falls bei euch die innere Wut von Satz zu Satz grösser wird und ihr schon darüber nachdenkt einen LinuxGuides Mob zu gründen und wuterbrannt mit Fackeln und Galgen in die Schweiz einzumarschieren – bitte vergesst nicht das ich seit über 20 Jahren Linux nutze -> und auch vor habe das in Zukunft zu tun.
Falls euch das nicht beruhigt, hier noch etwas unnützes Wissen, wir in der Schweiz haben mehr Schusswaffen pro Einwohner als die USA also überlegt euch das mit dem Mob 😂
Dateimanagement
Ich habe mir lange überlegt mit was ich in diesem Bericht beginne. Und irgendwie erscheint es mir logisch mit dem Dateimangement zu beginnen. Ist schliesslich eine Grundfunktion auf jedem Computer.
Wie bei Windows oder Linux gibt es natürlich auch für Mac OS diverse Dateimanager Apps von Drittentwicklern – und ich nutze übrigens keine davon.
Der Dateimanager der Apple bei Mac OS mitliefert hört auf den schönen Namen «Finder» und ich sage das mal so: Der Finder ist für mich der – mit sehr viel Abstand - beste Dateimanager den es gibt.
Würde es eine Möglichkeit geben den unter Linux zu installieren – ich würde es sofort tun.
Der Grund ist dafür ist simpel. Apple bietet eine Ansicht an die auf den Namen «Spaltenansicht» hört. Faktisch sind das «Miller Columns» und es gibt meiner Ansicht nach keine einfachere und schnellere Art durch ein Dateisystem zu navigieren als Miller Columns.
Ihr könnt euch das so vorstellen, dass ihr im Dateimanager eine Spalte mit allen Ordnern und Dateien habt (ähnlich wie in einer Listenansicht). Wenn man nun auf einen Ordner klickt, öffnet sich rechts daneben eine neue Spalte mit dem Inhalt der des Ordners den man angeklickt hat.
Gerade in der Softwareentwicklung, wenn man durch tiefe Ordnerstrukturen von Abhängigkeiten, etc durchnavigieren muss und man nicht sicher ist in welchem Ordner das ist was man sucht, ist das Gold wert.
Es geht schnell, man sieht immer sofort wo man ist und was noch wichtiger ist wo man war. Gerade in Kombination mit einem Touchpad, wo man dann per 2-Finger Geste auch easy wieder zurück navigieren kann – das ist einfach nur ein Traum.
Unter Linux – und hier werde ich etwas grantig – gibt es «keinen» Dateimanager der das kann. Nautilus, Pluma, Nemo, Thunar können das nicht. Ich habe schon endlose Diskussionen mit Nautilus Entwicklern geführt – die wollen dieses Feature einfach nicht -> weil horizontale Dateinavigation nicht in ihr Konzept passt.
Und selbst unter KDE – bei dem man schliesslich «alles» einstellen kann aus technischen Gründen (der Code war furchtbar wartbar) die Miller Column vor vielen Jahren entfernt. Das wird ein wiederkehrendes Muster mit KDE. Man kann dort «immer alles einstellen» ausser das, was ich gerne hätte… 🙄
Übrigens hier noch ein cooler Pro Typ: In Mac OS kann man im Dateimanager wenn eine Datei ausgewählt ist einfach die Leertaste drücken und sieht dann direkt eine Vorschau der Datei. Z.b. das Bild in grösser dargestellt (ohne extra eine App dafür zu öffnen) das geht mit Bildern, Videos, Musikdateien, Dokumenten, usw.
Wer dieses Verhalten auch unter Nautilus haben möchte, kann sich das Programm «Sushi» installieren. Unter Debian basierten Distributionen findet man das Paket unter dem Namen «gnome-sushi» bei Fedora heisst das Paket nur «sushi».
Nach der Installation muss man im Terminal mit «pkill nautilus» Nautilus einmal komplett beenden, danach hat man die Vorschau-Funktionalität 1:1 wie auf dem Mac 😍
Partitionsverschlüsselung
Bevor ich weiter auf die Nutzung von Mac OS als Betriebssystem eingehe möchte ich hier über etwas technisches sprechen.
Versiertere Linux Anwender wissen ja, dass man bei der Installation seine Partition Verschlüsseln kann. Wenn man das macht, muss man bevor der grosse Bootprozess beginnt sein Verschlüsselungspasswort eingeben.
Diese Funktion bietet auch MacOS seit vielen, vielen Jahren an – seit einigen Jahren werden die Macs bei der Ersteinrichtung ohne weitere Nachfrage standardmässig verschlüsselt.
Technologisch betrachtet macht hier Apple und Linux im Grunde das gleiche. Es wird ein Volume sowohl unter Linux wie auch unter MacOS wird ein LVM Volume erstellt. Dort gibt es eine unverschlüsselte /boot Partition -> wo alles nötige vorhanden ist um den Rechner so weit zu booten damit man eine Passwortabfrage einblenden kann.
Bei MacOS nennt sich das ganze «FileVault» (in der Apple Welt muss ja alles einen speziellen Namen haben).
Einige von euch werden sich jetzt fragen warum ich Partitionsverschlüsselung in diesem Beitrag erwähne – erst Recht wenn hier beide Systeme technologisch weitgehend das gleiche tun.
Ganz einfach Apple macht es mit FileVault einfach besser!
Um zu verstehen, was sie besser machen, gehe ich hier kurz darauf ein wie man unter Linux einen Rechner mit Partitionsverschlüsselung bootet.
- Rechner einschalten
- Partitionsverschlüsselungspasswort auswählen
- Benutzer wählen
- Benutzerpasswort eingeben
- Desktop ist da
Vielen wird hier auffallen, dass man zwei Passwörter eingeben muss. Einmal für die Verschlüsselung und einmal für den Benutzer-Login.
Das ist super nervend und einfach nicht Benutzerfreundlich – wirklich nicht. Man kann das auf Einzel-Nutzer System umgehen, indem man die automatische Anmeldung aktiviert.
Oft muss dann aber auf dem Desktop sein Benutzerpasswort doch wieder eingeben, um den Schlüsselbund zu entsperren. Auch das kann man wieder abschalten, aber zumindest unter Gnome resettet sich das manchmal wieder – gerade dann, wenn man manuell den Bildschirm sperrt.
Wie bei vielen Dingen die Apple im Grunde genau so macht wie es andere machen, hat Apple aber hier etwas weitergedacht und die Benutzerfreundlichkeit einfliessen lassen. Die haben den grafischen Loginmanager (also das was unter Linux GDM, SCCM, LightDM, etc ist) einfach auch in das nicht verschlüsselte Boot Verzeichnis geschoben.
Beim Starten eines Macs, startet man direkt mit der Nutzerauswahl. Das Loginpasswort ist gleichzeitig auch das FileVault Passwort -> und so hat man nur eine Passwort Eingabe -> eigentlich ziemlich simpel.