Seit ein paar Jahren rückt Linux immer mehr in das Blickfeld von Menschen, die enttäuscht von Windows sind oder sich durch Nachrichten über geänderte Nutzungsbedingungen Sorgen um ihre Privatsphäre machen. Normalerweise geht es hier um Terminal-Gebastel im Debian-Kosmos. Ich möchte jedoch einmal etwas anders ausprobieren und auch meinen Senf zum Thema "Wechsel zu Linux" dazugeben.
Dieser Artikel entspringt meinen persönlichen Erfahrungen und Überzeugungen. Er dient keineswegs dazu, anzugeben, sondern vielmehr dazu, die Reflexion der eigenen Fähigkeiten zu fördern und das Hinterfragen der Sinnhaftigkeit bestimmter Aspekte anzuregen. Es steht außer Frage, dass jeder das Recht hat, eine eigene Meinung zu vertreten!
Bestandsaufnahme
Was braucht es, um Linux zu nutzen? Die Antwort ist Wissen. Als ich 10 Jahre alt war, haben meine Eltern beschlossen, das Familienunternehmen von Schreibmaschinen auf PCs umzustellen. Ich war sofort Feuer und Flamme und war plötzlich der Einzige, der das Thema Computer ansatzweise beherrschte und bin seitdem für die Computer einer Firma zuständig. Ich habe hunderte von Treiber- und Hardware-Problemen gelöst, unzählige Windows-Installationen durchgeführt und Rechner aufgeschraubt, um fehlerhafte Komponenten auszutauschen. Warum erzähle ich euch das? Nun, es ist so einfach wie simpel. Ihr müsst ehrlich zu euch selbst sein. Wer einen Computer nur für Web-Browsing, MS Word oder die ein oder andere "speziellere" Anwendung nutzt, ist nicht unbedingt in der Lage, Linux zu installieren und auftretende Probleme zu lösen. Wenn ihr noch nie Windows installiert oder auf "Werkszustand" zurückgesetzt habt, ist das kein guter Ausgangspunkt.
Lernen
Wenn ihr Linux nutzen wollt, müsst ihr euch bewusst sein, dass ihr ein Betriebssystem nutzen wollt, das von Grund auf anders funktioniert als Windows. Dass man das Terminal nutzen "muss", ist ein Mythos, der sich lange und hartnäckig hält. Ich ziehe hier immer mein Lieblings-beispiel heran: Meine Frau. Sie nutzt seit 2 Jahren meinen Lenovo A15 mit Linux Mint. Sie hat keine Ahnung von Computern, aber einen Mann, der die Treppe runter zitiert werden kann, wenn der Browser mal hängt. Ich habe diesen Laptop so eingerichtet, dass sie damit ohne Probleme im Homeoffice arbeiten kann, auch mit Citrix. Sie benutzt das Terminal nicht und kennt keinen einzigen Befehl. Das Ganze ist jedoch nicht problematisch, weil sie schon immer Thunderbird, Chrome und LibreOffice genutzt hat. Der springende Punkt ist: Meine Frau hat jemanden, der sich im Fall der Fälle auskennt und - auf Neudeutsch - Troubleshooting betreiben kann. Wenn das bei euch nicht so ist, müsst ihr selbst dieser sein.
Lesen
Ich habe eine sehr klare Einstellung, wenn es um Wissenserlangung geht. YouTube ist Unterhaltung und keine Bildung. Als ich mit Linux angefangen habe, gab es dort nur Katzenvideos. Mein Wissen habe ich durch Fachzeitschriften und Bücher bezogen. Erst durch die Pandemie und Langeweile bin ich überhaupt auf die Idee gekommen, mir Videos über Computer, Windows und Linux anzusehen. Ist das zu fassen? Ich habe Computer auseinander genommen, ohne jemals ein YouTube-Tutorial gesehen zu haben. Es gibt tolle Kanäle, die euch mit News versorgen, wie Michael Tunnell oder The Linux Experiment. Der Rest ist meiner Meinung nach Meinungsmache und das Vermitteln von Teilwissen, das dazu führt, dass man öfter den Kanal ansieht - Stichwort Monetisierung. Es gibt tolle einsteigerfreundliche Handbücher, ich empfehle und verschenke gerne Rheinwerk Computing. Gute Hilfe findet man definitiv aber auch in den Foren der jeweiligen Distribution oder auf Stack Overflow. Aber das geht schon über die Einstiegsberatung hinaus.
Wissen, was man hat
Linux läuft sehr gut auf Computern und es wird mit jedem Tag besser. Leider kann es vorkommen, dass eine bestimmte Hardware-Komponente und ein Peripherie-Gerät eures Setups nicht gut oder gar nicht mit Linux funktionieren. Ihr solltet wissen, welche CPU, Grafikkarte und Motherboard/Mainboard ihr nutzt. Googlet nach Kompatibilitätsproblemen, bevor ihr gedankenlos Linux installiert.
Ein ganz anderer Ansatz ist dieser: Kauft euch einen Linux-PC oder Laptop. Es gibt Firmen, die Hardware verkaufen, die Linux zu 100% unterstützt. Namentlich wären das z.B. Slimbook oder Tuxedo Computers.
Mit all dem aus dem Weg geht es im Teil 2 mit der sicheren Installation von Linux weiter.
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