Hier mal ein PDF mit gar wunderbarem Klartext. Denn bekanntlich wurde viel zu viel Blödsinn in die Welt gesetzt, der dann nicht nur von der Hifi-„Fachpresse“ pausenlos vorgebetet, sondern generell auch noch ständig nachgeplappert wird (AKA „urban myths“ — oder in diesem Fall z.T. schlicht Betrug). Der Artikel stammt aus der leider nicht mehr existierenden Zeitschrift „The Audio Critic“.
Ich hatte mir mal drei der für mich interessantesten Kapitel übersetzt — mit den kostenlosen Online-Übersetzen, und anschliessend das Ergebnis noch etwas nachbearbeitet (wobei es sich bei Begriffen wie z.B. „tweako“ und „tice“ offenbar um Umgangssprache handelt, die aber weder die Online-Übersetzer von Bing und Google, noch ich passend übersetzen konnten).
Jedenfalls scheinen es immerhin mindestens zwei dieser Behauptungen (Digital-Audio sei per se schlecht und Röhrengeräte hätten einen wunderbar warmen Klang) inzwischen sogar selbst bis hier ins Linux-Forum geschafft zu haben, daher hier also mal dieses PDF samt teilweiser Übersetzung.
Viel Spaß!
Kapitel 1 • Die Kabel-Lüge
Logischerweise ist das zunächst einmal keine Lüge, denn Kabel sind Zubehör und keine primären Audiokomponenten. Aber es ist die größte, schmutzigste, zynischste, Intelligenz-beleidigendste und vor allem betrügerischste Lüge im Audiobereich und muss daher ganz oben auf der Liste stehen.
Die Lüge ist, dass hochpreisige Lautsprecher- und Interconnect-Kabel besser klingen als handelsübliche Standardkabel (z.B. aus dem Elektromarkt). Es ist eine Lüge, die immer und immer wieder von jeder echten Autorität unter der Sonne entlarvt, blamiert und widerlegt wurde, aber Tweako-Audio-Kultisten hassen Autorität und die Unschuldigen können sie nicht von eigennütziger Scharlatanie unterscheiden.
Die einfache Wahrheit ist, dass Widerstand, Induktivität und Kapazität (R, L und C) die einzigen Kabelparameter sind, die die Leistung im Bereich unterhalb der Funkfrequenzen beeinflussen. Das Signal hat keine Ahnung, ob es über billige oder teure RLC übertragen wird. Ja, für anständige Stecker, Abschirmung, Isolierung usw. muss man etwas mehr als den Tiefstpreis bezahlen, um Probleme mit der Zuverlässigkeit zu vermeiden, und man muss bei längeren Verbindungen auf den Widerstand achten. Was die grundlegende elektrische Leistung angeht, ist ein Paar Drahtkleiderbügel mit abgekratzten Enden jedoch keineswegs schlechter als ein 2.000-Euro-Wunderkabel — und das gilt auch für ein Lampenkabel für ein paar Cent pro Meter. Ultrahochpreisige Kabel sind die größte Betrugsmasche in der Unterhaltungselektronik, und die feige Kapitulation fast aller Audiopublikationen vor dem Druck der Kabelvermarkter ist wirklich deprimierend anzusehen (eine ausführliche Untersuchung von Fakten und Fiktionen bei Lautsprecherkabeln und Audioverbindungen finden Sie in den Ausgaben Nr. 16 und Nr. 17).
Kapitel 7 • Die Biwiring-Lüge
Selbst ziemlich anspruchsvolle Audiophile fallen auf diesen Hokuspokus herein. Darüber hinaus beteiligen sich Lautsprecherhersteller an der Täuschung, wenn sie Ihnen sagen, dass diese beiden Anschlusspaare auf der Rückseite des Lautsprechers sowohl für Biwiring als auch für Biamping gedacht sind. Einige der angesehensten Namen in der Lautsprecherbranche sind diesen heuchlerischen Kniefall vor den Tweako-Sakramenten schuldig – sie kapitulieren faktisch vor den „Realitäten“ des Marktes.
Die Wahrheit ist, dass Biamping in bestimmten Fällen auch bei einer passiven Frequenzweiche sinnvoll ist, aber Biwiring ist reines Voodoo. Wenn Sie ein Lautsprecherkabelpaar an die gleichen Anschlüsse verlegen, an denen das andere Paar angeschlossen ist, ändert sich elektrisch absolut nichts. Das Gesetz der Physik, das dies besagt, wird Superpositionsprinzip genannt. In Bezug auf die Elektronik besagt der Superpositionssatz, dass eine beliebige Anzahl gleichzeitig an ein lineares Netzwerk angelegter Spannungen zu einem Strom führt, der genau die Summe der Ströme ist, die sich ergeben würden, wenn die Spannungen einzeln angelegt würden. Der Audioverkäufer oder Audiophile, der das Gegenteil beweisen kann, wird sofort ein Kandidat für einige wirklich bedeutende wissenschaftliche Preise und akademische Ehrungen sein. Gleichzeitig ist es nur fair, darauf hinzuweisen, dass Biwiring keinen Schaden anrichtet. Es bringt einfach nichts. Wie Magnete in Ihren Schuhen.
Kapitel 8 • Die Power-Conditioner-Lüge
So ziemlich alles, was zu diesem Thema zu sagen ist, hat Bryston in seinen Bedienungsanleitungen geschrieben: „Alle Bryston-Verstärker enthalten hochwertige, spezielle Schaltkreise in den Netzteilen, um HF, Leitungsspitzen und andere Stromleitungsprobleme zu unterdrücken. Für Bryston-Leistungsverstärker sind keine Power Conditioner erforderlich. Stecken Sie den Verstärker direkt in die eigene Steckdose.“
Was sie nicht sagen, ist, dass dies mehr oder weniger für alle gut konzipierten Verstärker gilt. Sie entsprechen möglicherweise nicht allen Brystons in Bezug auf Regulierung und PSRR, aber wenn sie etwas taugen, können sie direkt an eine Steckdose angeschlossen werden. Wenn Sie sich einen schicken Power Conditioner leisten können, können Sie sich auch einen gut gestalteten Verstärker leisten. In diesem Fall brauchen Sie den schicken Power Conditioner nicht. Er wird absolut nichts für Sie tun. (Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei nicht um überspannungsgeschützte Steckdosenleisten für Computergeräte handelt. Sie kosten viel weniger als eine Tice Audio-Zauberbox und Computer mit ihren Peripheriegeräten sind elektrisch anfälliger als anständige Audiogeräte.)
Die größte und dümmste Lüge zum Thema „sauberer“ Strom ist, dass man ein speziell entwickeltes, hochpreisiges Netzkabel braucht, um den bestmöglichen Klang zu erzielen. Jedes Netzkabel, das für die Bewältigung häuslicher Wechselspannungen und -ströme ausgelegt ist, verhält sich wie jedes andere. Ultra-High-End-Netzkabel sind ein Betrug. Ihre Audioschaltkreise wissen nicht, was sich auf der Wechselstromseite des Leistungstransformators befindet, und es ist ihnen auch egal. Sie sind nur an den Gleichspannungen interessiert, die sie benötigen. Denken Sie darüber nach. Kümmert es Ihr Auto, mit welchem Schlauch Sie den Tank gefüllt haben?