Beiträge von kim88 im Thema „Wie "überredet" ihr euren Umkreis für Opensource Software? (soziale Programme)“

    Was uns auch wieder zum Thema Telemetrie führt. Wie soll ein Entwickler wissen, was seine Nutzer/Kunden bevorzugen.

    Eigentlich nur mit mehr Effort. Man kann z.b. verschiedene Prototypen (klickbar) einer Benutzeroberfläche erstellen. Dann die jeweils 50 unterschiedlichen Menschen vor die Nase setzen. Die dann die Prototypen von 1-00 bewerten lassen und den mit dem besten Schnitt umsetzen.

    Aber so was passiert halt in der Regel während der Konzeptions- und Gestaltungsphase eines Projekt - lange bevor irgendjemand auch nur eine Zeile Code schreibt.

    Und hier kommt die "OpenSource Problematik". OpenSource ist stark von Entwickler getrieben. Der macht in der Regel keinen Prototyp, oder überhaupt irgendwelche UI/UX Überlegungen. Der fängt damit an was er kann - und das ist Programmieren. Und den meisten Entwicklern macht "Funktionen zur Programmieren" viel mehr Spass als einzelne Stati von einem Button (wie verhält sich Button bei Maus Hover, bei Click, bei Focus, bei Touch usw) zu programmieren. Das führt dann halt zu Softwareoberflächen wie z.b. Calibre oder Dbeaver.

    Calibre und Dbeaver sind von den Funktionen her ein coole Programme, ich nutze beide regelmässig. Aber UI/UX sind sie wirklich grausam.


    Fairerweise kann man sagen das das ganze besser wird. Das liegt nicht daran das wir mehr UI/UX Designer in den Communitys haben - sondern an KDE und Gnome. libadwaita von Gnome als UI Framework ist auch deswegen ziemlich spannend. Entwickler können dort aus einem grossen Pool von Standard-Elementen (Sidebar, Buttons, Tecteingabefelder, Listenansichten, usw) quasi ihre eigene GUI zusammenschrauben ohne das sie Ahnung von UI/UX haben müssen. Und das ganze ist immer stimmig von Schriftbild, Buttongrössen, Buttonstati, Farben usw.

    KDE hat auch so ein Framework heisst Kirigami. Und man sieht es sowohl libadwaita wie aber auch Kirigami Apps an, dass sie optisch auf den ersten Blick ruhiger, professioneller und aufgeräumter Wirken als viele andere Apps.

    Es gibt ja die Regel schreib ein Programm das eine Sache extrem gut kann und nicht mehr. Der nachteil ist halt das man dann 100 verschieden Programme installieren muss.

    Diese Regel ist uralt und heute schlicht nicht mehr gültig ich bezweifle ob sie mal gültig war. Mit der Logik hätten wir ein Programm um E-Mail zu lesen und ein weiteres Programm um E-Mail zu senden.

    Zu was ist "richtiges UX Design ist" kann ich wenig sagen hängt am Ende auch immer ein bisschen von der Software ab. Ein Musik-Player hat andere UX Anforderungen als eine Buchhaltungssoftware.
    Ich selber erkenne in der Regel sehr schnell schlechtes UX bin selber aber total schlecht darin gutes UX zu machen -> da bin ich definitiv auch Tunnelblick-Entwickler und bin froh das wir in unserer Firma Menschen haben die sich um so was kümmern - und ich dann das nut umsetzen aber nicht selber konzeptionieren muss.

    Just-Me ich würde hier sogar doppelt widersprechen. Oft fehlen ganz klar die Anforderungen. Photoshop kann definitiv mehr als Gimp und das seit Jahrzehnten. Das gleiche gilt für auch für Illustrator im Vergleich mit Inkscape.

    Die OpenSource Videschnittprogramme sind höchsten nett aber kein Vergleich mit Premiere PRo, oder Final Cut Pro und wenn man sowas wie After Effects sucht gibt es das gar nicht ebenfalls seit Jahren.

    Und das waren nur ein paar Beispiele aus dem Medienbereich - wo OpenSource nicht einfach "etwas zurück liegt" und zwei Monate später den Stand eingeholt hat. Sondern da liegen Jahre bzw Welten zwischen den unterschiedlichen Softwares.

    Ja es gibt auch Gegenbeispiele wie z.B. WordPress oder dann auch im Serverbereich. Man lacht gerne über PHP aber wenn man mal die kommerziellen Alternativen -> ColdFusion von Adobe oder ASP von Microsoft gesehen hat - weiss man warum sich z.b. PHP durchgesetzt hat. Oder auch im Webserverbereich sind Nginx und Apache (beides OpenSource) die grossen Player und das aus gutem Grund.

    Eher ist es doch so das gerade die OpenSource Programme mehr- und/oder bessere Funktionen mitbringen, weil sie ja so entwickelt wurden wie die meisten User es brauchen..


    Auch hier widerspreche ich. Und das als Entwickler. Freie Software wird von Menschen entwickelt die Entwickler sind. Es gibt leider viel zu wenige UI/UX Designer, Grafiker, und Menschen die konzeptionell arbeiten in solchen Projekten.

    Deswegen ist freie Software oft nicht ansprechend. Und damit meine ich jetzt nicht "sieht es schön aus oder nicht" sondern mehr wie ist die User Experience. Kann jemand der die Software noch nie bedient hat selbständig verstehen wie er sie bedienen muss. Wenn Benutzer X das Ziel Y erreichen will -> wie führen wir ihn durch unsere Software das er möglichst ohne Frust dieses Ziel erreicht usw.


    Und das ist furchtbar schade.

    Für Whatsapp gibt es z. B. Signal, für Teamspeak z. B. Mumble und für Skype gibt es z.B. jitsi.

    Ich würde hier schon widersprechen. Ich nutze z.b. Skype sehr gerne, ich habe dort auch ein Abo. Und kann damit auf normale Telefonnummern anrufen - und als Absendernummer sieht man meine "Handy" Nummer. Ich bezweifle ernsthaft das Jitsi das auch nur ansatzweise kann.

    Menschen wählen Software aus Gründen aus.

    Entweder es ist wie WhatsApp - weil es eben "alle" haben und man kompatibel sein muss. Deswegen bekommt man WhatsApp kaum noch los. Oder es ist so das man bestimmte Funktionen braucht.

    Und genau hier kommen die OpenSource Stolpersteine. Ja es gibt ein LibreOffice, ja es gibt ein Gimp. und ja es gibt irgendeine Rechnungs- und Kontenverwaltung. Aber im Funktionsumfang sind die im Gegensatz zu ihren kommerziellen Produkten oft begrenzt. Selbst Firefox kann weniger als z.b. Chrome.

    Daher der Fokus - auch bei den Entwicklern müsste sich verschieben. Wir argumentieren hier mit "Nutze doch Software XY, weil die ist schön und OpenSource" ein "nicht-nerd-mensch" interessiert sich dafür aber nicht. Der will eine Software die seine Funktionsbedürfnisse so gut wie möglich befriedigt und man ohne 5 Tage Einarbeitungszeit möglichst einfach bedienen kann. Die Lizenz interessiert im Alltag kein Mensch.

    Also, konntet ihr ein paar Leute in eurer Umgebung für soziale Opensource Programme "überreden"?

    Was sind die besten Argumente?

    Ich fang mal mit einem Argument an:

    Und zwar wenn eine Firma ein Projekt verwaltet, kann es sein, dass dieses Unternehmen pleite geht und der Server abgeschaltet wird.

    Habe ich noch nie gemacht. Ich finde wirklich Menschen sollen die Software nutzen, mit dem sie Ihre Tasks so schnell und gut wie möglich erledigen können. Für viele Menschen ist der Computer kein Hobby.

    Ich bringe mal wieder meinen Onkel als Beispiel. Er ist selbstständiger Fahrschullehrer. Er hat eine Frau ein sehr junges Kind. Der will nicht im am Computer hängen. Der klappt Abends nach dem Essen und Kind ins Bett bringen kurz sein Notebook auf und trägt dort in seine Buchhaltung die Tagesumsätze, gefahrene Kilometer, Tankstände, usw ein die sich über den Tag angesammelt haben ein und klappt das Ding wieder zu.

    Kommunikation (Terminverschiebungen, etc) mit seinen Fahrschüler (mehrheitlich sehr junge Menschen) läuft zu 90% über WhatsApp. Ist halt das was alle haben.

    Ich sehe nicht mal ansatzweise ein, ihm jetzt dazu zu missionieren seine Software durch irgendwas anderes zu ersetzen. Ausser ich würde einen realen Vorteil erkennen. Z.b. wenn er Abends nur noch 5 statt 10 Minuten braucht oder so.

    Ob das Argument des selber Hosten funktioniert? Ich weiss nicht. Wer will (ausser uns Hobby-Enthusiasten) will sich das antun? Server aufsetzen, den muss man dann auch noch regelmässig warten, plus die Software dort ebenfalls warten usw - Das sind täglich zusätzliche Aufwände und wenn man das nicht als Hobby hat sind es "nervende" Aufwände und nichts was Spass macht.


    Am Ende muss OpenSource Software einfach die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe erfüllen dann wird sie auch genutzt. Gutes Beispiel ist z.b. WordPress. WordPress ist das meist genutzt CMS der Welt (mit viel Abstand) obwohl es sehr viel Konkurrenz gibt (kommerziell aber auch frei) und dennoch konnten Sie sich durchsetzen. Und das hat viel damit zu tun, dass sich die WordPress Entwickler schon sehr früh darauf konzentriert haben wie man ein CMS baut das von "jedermann" bedient werden kann. Und genau das hat sich ausbezahlt.


    Wenn erst Deine Autoversicherung teuer wird, weil bei Meta oder X oder WhatsApp gepostet hast du bist heute mit 250 gebrettert, oder die KI der Krankenversicherung ein Foto bei Instagram erkennt auf dem Du rauchst und dir einen Zusatztarif für Raucher verpasst, oder anders du gerade eine Geburtstagstorte mapfst und man Dir eine Diabetes-Therapie nur mit doppeltem Beitrag zahlt.

    Naja ich sehe das tatsächlich etwas anders. Und zwar als bekennender Raucher. Man kann sich als Gesellschaft definitiv die Frage stellen ob ein Raucher mehr für seine Gesundheitskosten bezahlen soll. Ich bin grundsätzlich ein Fan von Verursacherorientierten Kosten. Aber das ist ein sehr grosses Fass.

    Und nein, es ist eben nicht egal, obwohl "man ja eh nichts zu verbergen hat" und man ja so wie so der "gläserne User" heutzutage ist. Es ist schlicht Bequemlichkeit - die gleiche Übrigens liegt oftmals zugrunde das M$-Universum nicht verlassen zu wollen. Klar am Arbeitsplatz kann man sich das nicht aussuchen - aber privat.

    Hier bin ich aber wieder deiner Meinung. Es ist Bequemlichkeit. Aber ich finde das nicht schlechtes. Unser Tag hat 24 Stunden. Um die 8 davon, schlafen wir. Weitere 8 verbringen wir mit Arbeiten. Also bleiben 8 Stunden übrig und die will man gerne mit Dinge füllen die einem Spass machen. Wenn man IT nicht als Hobby hat ist das Warten und Aufsetzen von einem eigenem Bitwarden oder Nextcloud Server eben nichts bequemes. Und man synchronisiert das Zeug dann halt lieber einfach und bequem über Google (oder Anbieter XY).