Systemd ist ein "Init" System. Jedes Betriebsystem hat ein Initsystem. Wenn du in den Task Manager deines Desktop schaust sieht du alle laufenden Prozesse. Jeder Prozess hat eine ID (Nummer). Das Init System ist in der Regel immer Prozess ID 1.
Das Init System ist dafür da, die einzelnen Prozesse die das das Betriebsystem braucht zu laden.
Sprich wenn du deinen Computer startest werden einzelne Dienste gestartet. Z.b. "udev" das die angeschlossene Hardware erkennt und ansprechen kann. Einen Login Dienst, der ein Log schreibt (damit man besser nachvollziehen kann wenn was schief geht).
Wichtig ist hier die richtige Reihenfolge. Als Beispiel wenn du Linux mit einem Desktop benutzt wird irgendwann in der Regel der grafische Login Manager gestartet (dort wo du Benutzer auswählst und Passwort eingibst) Bei Gnome ist das GDM, bei KDE SCCM, Cinnamon nutzt glaub LighDM, etc.
Der darf aber erst gestartet werden, wenn die Abhängigkeiten entsprechen gestartet wurden. Also der Init Dienst muss z.b. erst den X-Server oder eben Wayland starten bevor z.b. GDM gestartet werden kann.
Früher hat man dazu sehr oft "sysVInit" benutzt. Einige Distributionen - spontan fällt mir da PCLinuxOS ein nutzen das noch bis heute. SysVInit kannst du dir (stark vereinfacht) wie eine simple Textdatei vorstellen, dass die Dienste in der richtigen Reihenfolge auflistet und beim booten quasi die Dienste in der dort spezifizierten Reihenfolge einer nach dem anderen gestartet wird.
Das funktioniert grundsätzlich - ist aber sehr langsam. Heute haben gefühlt alle Computer mehrere Kerne und viel Rechenleistung es ist nicht wirklich effizient einen Dienst zu starten, dann zu warten bis er hochgefahren ist und dann den nächsten Dienst zu starten usw. Daher kam da sBedürfnis schon früh auf, hier Dinge parallelisieren zu können.
Canonical hat dafür "Upstart" entwickelt. Upstart war eine Alternative zu SysVinit (wird heute von Chrome OS benutzt).
Ein paar Jahre hat Lennart Pottering (der auch PulseAudio entwickelt hat) im Auftrag von Red Hat einen komplett neuen Init Dienst entwickelt. Dieser Dienst heisst systemd.
Systemd ist heute aber viel mehr als ein Init-Dienst und nimmt immer mehr Einfluss auf die Verwaltung des Linux Systems an sich. Früher als sysVInit einzelne Dienste gestartet hat waren das mehr oder weniger alles unabhängige Dienste. Systemd kann auch unabhängige Dienste starte - liefert aber viele Dienste selber mit.
z.b. Gerätemangement (quasi udev), Das Logging, Einen Timer (quasi wie cronjob), Netzwerkverwaltung, Benutzerverwaltung, Verschlüsselung von Partitionen, etc für alles gibt es einen systemd Dienst und gefühlt alle 2 Monate kommen neue Dienste dazu.
Da die Linux/Unix Philosophie ja oft ist "ein kleines Programm" pro Aufgabe widerspricht das natürlich der Philosophie und wird deswegen von einigen stark kritisiert. Dazu kommt, dass die Logs die systemd schreibt in Binärdateien und nicht reinen Textdateien geschrieben werden. Daher systemd wurde und wird von einem Init-System immer mehr zu einem umfassendem System- und Service-Management-Tool, das viele Aspekte des modernen Linux-Betriebssystems abdeckt.
Dazu kommt das es die meisten Distributionen standardmässig einsetzen. Das hat auch sehr viel mit Gnome zu tun, da einige Gnome Komponenten direkt oder indirekt von systemd Abhängig sind. Man kann das mit viel Gebastel umgehen - aber Gnome empfiehlt grundsätzlich die Verwendung von systemd.
Wegen der Kritik (grosses Tool, dass immer mehr Aufgaben übernimmt und Binärlogs) und auch weil Lennart Pottering eine Person ist die in der Linux Community schon früher kritisiert wurde - weil er Dinge sehr oft radikal ändert (PulseAudio als Beispiel) und die dann von Red Hat (die im Grunde die Entwicklung von Gnome kontrollieren) mehr oder weniger in der Linux Landschaft durchgedrückt werden führten da zu vielen Spannungen.
Es gab bei vielen Distributionen sehr viele sehr grosse Debatten ob systemd eingeführt werden soll oder nicht. Als Debian in einer internen Abstimmung Ja zu systemd gesagt hat, haben sich die Gegner davon abgespalten und entwickeln seither die Distribution Devuan "https://www.devuan.org/" - wo du weiterhin frei entscheiden kannst welches Init-System du benutzen möchtest.
Von den grossen bekannten Distributionen, war übrigens Ubuntu die letzte die zu systemd gewechselt sind (15.04).
Init System sind keine Linux Eigenheit, jedes Betriebssystem hat die. Apple entwickelte z.b. für alle ihre Geräte seit 2005 den Dienst "lunchd" der übrigens OpenSource ist und sehr viele Ähnlichkeiten zu systemd aufweist. https://github.com/apple-oss-distributions/launchd/tags