Hallo zusammen
Eines vorweg: Dies wird kein wissenschaftlicher oder technischer oder was auch immer Artikel. Ich probiere aktuell einfach einen Dienst aus und dabei teste ich halt jene Dinge, die mir persönlich wichtig sind. Alles also ausdrücklich subjektiv. Wenn ich etwas nicht erwähne, habe ich es also nicht gewusst - oder es hat mich einfach nicht interessiert.
Ausgangssituation: Ich habe einen neuen Anbieter für meine Mails gesucht, da mir mein Webhoster zu rudimentär ist ich auf self-hosting einfach keine Lust mehr hatte. Protonmail erfüllt sehr viele meiner Anforderungen, war in der Vergangenheit aber nicht wirklich mein Liebling und ich habe sie eher kritisiert (Stichwort: Privacy als Marketing). Der gute kim88 hatte dann in gewohnt sachlicher und objektiver Art schon einiges geschrieben und ich habe mir dann einfach mal weitere Gedanken gemacht.
Folgende Dinge waren mir wichtig:
- gutes Look&Feel
- Europäischer Anbieter (Schweiz ist okay)
- zuverlässiger Dienst und Dienstleister
- gute Spamfilter
- kein Verkauf oder Nutzung meiner Daten
- eigene App (denn unter iOS muss man ansonsten die Anmeldedaten aus der Hand geben, wenn man Notifications haben will)
- Filter
- Labels/Tags/Kategorien und nicht nur Ordner
- eigene Damains
- catch-all
Im Prinzip habe ich also ein Gmail ohne Google gesucht. Hier muss ich nun ehrlich zugeben, dass ProtonMail all diese Kriterien erfüllt. Ich benötige weder Anonymität, noch Schutz meiner Daten vor Zugriffen durch Behörden, etc. Ich will einfach einen zuverlässigen Mailservice, der meine Daten in Ruhe lässt, kein Geld damit verdient und der seine Arbeit gut macht. Verschlüsselung ist nice - grundsätzlich handhabe ich Mail aber wie Postkarten. Und wenn mir Informationen irgendwie gefährlich werden könnten, würde ich sie sowieso nicht per Mail versenden.
Bei ProtonMail ist es nun so, dass ich denen glaube, dass sie meine Daten nicht verkaufen und auch nicht für Werbezwecke verwenden/missbrauchen. Theoretisch könnte man das heimlich machen - aber wieso sollte PM so blöd sein. Der Schaden wäre immens und ich glaube nicht, dass man es riskiert, als Datenkrake das komplette Geschäft zu ruinieren. Ich halte es also für glaubhaft, dass man mit meinen Daten keinen Blödsinn anstellt. Wenn die Verschlüsselung so gut ist wie man annehmen darf, können sie zudem auch nichts einsehen und maximal Metadaten sammeln. Klar sind diese heutzutage für verschiedene "Institutionen" wichtiger als der eigentliche body einer Mail - aber das ist halt auch nicht mein Bedrohungsszenario. Für mich persönlich reicht also schon ein Bruchteil dessen, was PM den Nutzern verspricht. Ich komme damit also klar und konzentriere mich auf die Funktionen. Wäre es anders, wäre der Test ja auch beendet, bevor er überhaupt begonnen hat.
Die Oberfläche empfinde ich als funktionell und ansprechend. Ich kann Keyboard-Shortcuts nutzen und alles funktioniert schnell und ohne spürbare Verzögerung. Da ich aktuell aber nicht zuhause am Rechner sitze, gehe ich da später nochmal drauf ein. Jetzt beschränke ich mich erst mal auf die mobile App.
Ich würde die App jetzt mal als sehr funktionell bezeichnen. Kein unnötiger Schnickschnack, keine große Ablenkung und trotzdem alle Funktionen, die ich benötige. Verschlüsselung - auch wenn für mich persönlich nicht wichtig - ist integriert. Das ist sicher ein großer Vorteil unter iOS, wenn man PGP/GPG verwenden will, da es hier keine vertrauenswürdigen Alternativen gibt (Canary ist alles, aber nicht vertrauenswürdig).
Sehr gut finde ich, dass man alle Ordner und Kategorien in der App bearbeiten, erstellen und löschen kann.
Sonstige Einstellungen sind im Prinzip alle vorhanden - zumindest jene, auf die ich auch mobil vielleicht Wert legen würde. Identitäten, Anzeigenamen, Signaturen, etc
Jetzt zu einigen weiteren Punkten, die mir persönlich wichtig sind
Eigene Domains:
Ich kann problemlos eigene Domains hinzufügen, auch wenn ich dafür das größte Paket buchen musste (knapp 12 EUR monatlich bei ebenfalls monatlicher Zahlung - jährliche Zahlung entsprechend günstiger).
Dass DKIM, SPF, MX eingerichtet werden müssen und dann alles entsprechend auch sauber funktioniert, muss ich wohl nicht ausdrücklich erläutern - sollte selbstverständlich sein. Score beim kurzen Test wie erwartet 10/10
Reputation:
Hier sehe ich ein paar kleine Probleme mit der Standardadresse. Das ist jetzt sicher so eine Sache, wo viele Nutzer sagen werden, dass sie noch keine Probleme bemerkt haben. Ich weiß allerdings von Bekannten und insbesondere Boards (auch Reddit), dass es durchaus Dienste gibt, die @protonmail mittlerweile ablehnen. Scheinbar hat man hier Angst vor "anonymen" Nutzern. Ob berechtigt oder nicht sei mal dahin gestellt - eventuell ist hier das "Image" von PM einfach schuld. Da ich eigene Domains nutze, sollte das für mich kein Problem sein.
Anders sieht dies beim Versand von Mails aus. Hier kann ich aktuell aber noch keine Details liefern. Grundsätzlich können Server aber sehen, dass meine Mails - trotz eigener Domain - von ProtonMail kommen. Ich habe dies mit Gmail, all-inkl, Mailcow, Tutanota und einigen anderen getestet und es gab keine Probleme. Wobei ich sagen muss, dass der Test bei "einigen anderen" so aussah, dass ich einfach normale Mail versendet habe und diese augenscheinlich ankamen. Es gab keine Hinweise auf nicht erhaltene Mails und ich bekam nie eine Bounce-Notification. Hier wird die Zeit zeigen, wie gut es funktioniert. Da ich aber zu mehr als 90% eingehende Mails habe und nur wenige selbst versende, wird es vermutlich keine großen Probleme geben. Und wenn jemand mit Gmail oder Outlook meine Mails nicht erhält, muss er/sie halt zusehen. Selbst schuld^^
Mobile App
Ich mache geschätzt 75-80% aller Mails (egal ob ein- oder ausgehend) an meinem iPhone. Mir ist eine funktionierende App also seht wichtig. Anfangs gab es hier ein paar Hänger. Der Posteingang wurde einfach nicht aktualisiert. Allerdings lief zu der Zeit ein Import im Konto und gleichzeitig habe ich eigene Mail-Backups via Bridge eingespielt. Ich vermute, dass jede Mailbox irgendwie instanziert läuft und nur gewisse Ressourcen zur Verfügung gestellt bekommt. Als alle Importe/Restore durch waren, gab es keine Probleme mehr.
Notifications mit Mailvorschau funktionieren problemlos. Hier hatte ich in der Vergangenheit bei einigen Anbietern Verzögerungen (Tutanota z.B.). Das kann aber durchaus an meinem System liegen. Ich habe da ehrlich gesagt nie nachgeforscht. Es war nur so, dass am Desktop oft Mails angezeigt wurden, die dann erst mit Verzögerung am iPhone gemeldet wurden. Bei PM ist es eher umgekehrt. Hier meldet das iPhone Mails, bevor diese am Desktop angezeigt werden.
IMAP/SMTP
Hier muss ich erwähnen, dass es mir grundsätzlich wichtig ist - produktiv aber bei PM unwichtig wurde. Das erkläre ich kurz. Ich erstelle regelmäßig Backups meiner Mails und benötige dafür (und für den möglichen Restore) natürlich Zugriff via IMAP.
Zusätzlich habe ich auch bei anderen Diensten zumeist Thunderbird verwendet und mein Workflow ist/war irgendwie darauf ausgerichtet. Bei PM habe ich nun gemerkt, dass mir deren Oberfläche so gut gefällt, dass ich im Prinzip Thunderbird gar nicht mehr nutzen muss. Wäre je nach Browser vermutlich weniger RAM-hungrig als ein offener Tab, aber YOLO^^
Zusätzlich erwähnenswert
Ich kann da nur schlecht über meinen eigenen Schatten springen und muss einfach nochmal erwähnen, dass ich das PR von ProtonMail in der Vergangenheit als irgendwie übertrieben und teils nervig empfunden habe. Der berühmt-berüchtigte Schweizer Datenschutz, bei dem so getan wurde, als wären die Mails und deren Besitzer unantastbar, nur weil da Server in der Schweiz stehen. Zudem hat sich mehrfach gezeigt, dass die Nutzer nicht so unantastbar sind, wie es der Ruf oder das Marketing von PM suggerieren. Aber.. Klappern gehört zum Handwerk und mein Bedrohungsszenario ist ein ganz anderes. Ich lebe also mit den Marktschreiern und ignoriere das. Das was mir wichtig ist bekomme ich ja von PM und somit ist es jetzt einfach okay für mich.
Bundles
Ja, der Dienst funktioniert super und die mobilen Apps sind spitze. Trotzdem ist der Preis von 12 EUR im Monat sehr hoch für Mail-Services. Allerdings relativiert sich das ein wenig, wenn man die Pakete im Bundle betrachtet. Der verschlüsselte Kalender ist mir dabei persönlich nicht wichtig. Auch das Proton Drive werde ich nie nutzen, da es hier einfach keinen Sync gibt. Ich habe also keinen Client, mit dem ich Daten meiner Geräte damit synchronisieren kann. Absolut nutzlos für mich. Eventuell interessant, wenn ich mal größere Dateien versenden will, die nicht direkt in die Mail und auch nicht in die Dropbox sollen. Ist also zumindest eine Option für die Zukunft.
Aber! Aber ich bekomme ein einwandfreies VPN dazu. Ob ihr dies nun als kostenlos Zugabe oder "im Preis enthalten" sehen wollt, überlasse ich euch. Ich kann euch nur sagen, dass es den Preis für mich wieder sehr stark relativiert - ja fast schon rechtfertigt.
Auch hier ist es natürlich wieder Vertrauenssache. Aber ich würde PM hier mehr vertrauen wollen als einem der günstigen VPN, die in Massen auf YT Werbung betrieben und gefühlt bei jedem zweiten Video der Sponsor sind. Ich kann hier aus einer Masse an Standorten weltweit wählen.
Es ist auch möglich, hier das TOR-Netzwerk zu verwenden, was für mich persönlich aber nicht so wichtig ist. VPN ist sicher gut, wenn man an öffentlichen Hotspots ins Netz geht. Da ich eine Flatrate ohne Limit habe, passiert das aber relativ selten. Was bei mir aber öfter vorkommt, ist der Bedarf zum ansehen ausländischer Medien. Aber auch umgekehrt habe ich so schon im Holland-Urlaub deutsche Medien konsumiert.